Gewalt in den eigenen vier Wänden

Brechen wir das gesellschaftliche Tabu um die häusliche Gewalt.

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Im Frühling 2018 ist das Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt, auch Istanbul-Konvention genannt, für die Schweiz in Kraft getreten.

Gemäss dieser Konvention bezeichnet der Begriff häusliche Gewalt «alle Handlungen körperlicher, sexueller, psychischer oder wirtschaftlicher Gewalt, die innerhalb der Familie oder des Haushalts oder zwischen früheren oder derzeitigen Eheleuten oder Partnerinnen beziehungsweise Partnern vorkommen, unabhängig davon, ob der Täter beziehungsweise die Täterin denselben Wohnsitz wie das Opfer hat oder hatte.»

 

Häusliche Gewalt beschränkt sich aber nicht nur auf Gewalt zwischen Partnern oder Eltern und Kindern. Auch Gewalt von Angehörigen an älteren Menschen wird als häusliche Gewalt bezeichnet.

 

In einer Paarbeziehung können sehr unterschiedliche Ereignisse Gewalthandlungen auslösen. Häufig sind dies wesentliche Veränderungen in den Lebensumständen, wie der Bezug einer gemeinsamen Wohnung, eine Schwangerschaft, die Geburt eines Kindes oder die Trennung. Bei diesen Übergängen in neue Lebensphasen müssen die Partner Wege finden, um mit den veränderten Umständen und Rollen umgehen zu können.

 

Merkmale häuslicher Gewalt

  • Es besteht eine emotionale Bindung zwischen der gewaltausübenden Person und dem Opfer. Auch bei einer Trennung oder Scheidung bleibt diese bestehen.
  • Meist wird die Gewalt in der eigenen Wohnung ausgeübt. An dem Ort, der eigentlich ein Ort von Sicherheit und Geborgenheit sein sollte.
  • Häusliche Gewalt verletzt die körperliche oder psychische Integrität durch Ausübung oder Androhung von physischer, sexueller oder psychischer Gewalt durch eine nahestehende Person.
  • Die Gewalt hält meist über einen längeren Zeitraum an und nimmt mit der Zeit häufig an Intensität zu.
  • Dominanz und Kontrollverhalten stehen in einem klaren Zusammenhang zu Gewaltausübung. Machtgefälle werden von der gewaltausübenden Person oft ausgenützt. Die Gefährdung ist am geringsten, wenn Paare gleichberechtigt zusammenleben.
  • Bei häuslicher Gewalt kann oft eine Gewaltspirale festgestellt werden. Als Gewaltspirale bezeichnet man eine typische Abfolge von Verhaltensmustern: In der Beziehung treten Spannungen auf, bauen sich auf und führen schliesslich zu einem Gewaltausbruch. Danach stellt sich Reue und eventuell auch eine vorübergehende Versöhnung ein. Nach dieser Phase baut sich die Spannung wieder von neuem auf; die Spirale dreht sich weiter.

 

Es gibt verschiedene Arten häuslicher Gewalt. Die physische Gewalt ist die offensichtlichste Gewaltform. Sie tritt meist in Kombination mit anderen Formen auf und ist am einfachsten nachzuweisen. Schlagen mit und ohne Hilfsmittel, Stossen, Beissen, Würgen, Fesseln oder Werfen von Gegenständen sind nur einige Beispiele. Mit sexueller Gewalt ist jede Form von grenzverletzendem Verhalten, das die Sexualität betrifft, gemeint. Sie reicht vom sexistischen Blossstellen bis zum Zwang zu sexuellen Handlungen und Vergewaltigungen. Die psychische Gewalt wirkt sich auf das Selbstwertgefühl und die Gesundheit der Betroffenen aus. Mobbing, Stalking, Beschimpfungen, Missachtung, Drohungen oder Nötigung fallen unter diese Kategorie. Soziale Gewalt meint Einschränkungen im sozialen Leben eines Betroffenen wie beispielsweise Verbot von Kontakten zur Aussenwelt, Bevormundung oder gar Einsperrung. Wenn man gezwungen wird zu arbeiten, der Lohn beschlagnahmt wird oder man nicht mehr über die eigenen finanziellen Ressourcen verfügen darf, spricht man von ökonomischer Gewalt. Eine spezifische Form der häuslichen Gewalt stellt die Zwangsheirat dar: Man spricht von Zwangsheirat, wenn der Partner vom Umfeld unter Druck gesetzt wird, einer Heirat zuzustimmen.

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Sehr oft sind auch Kinder von häuslicher Gewalt betroffen. Kinder, die Gewalt innerhalb der Familie miterleben, sind vielfältigen körperlichen, psychosomatischen und psychischen Belastungen ausgesetzt.

 

Folgen für Betroffene

  • Gesundheitliche Folgen (physische und psychische Verletzungen)
  • Soziale und finanzielle Folgen
  • Aufenthaltsrechtliche Folgen
  • Kinder und Jugendliche sind mitbetroffen


Im Jahr 2018 kam es zu 18'522 Straftaten, die dem Bereich der häuslichen Gewalt zugerechnet werden konnten. Die häufigsten Straftaten stellten Tätlichkeiten (5'724), Drohungen (4'122), Beschimpfung (3'265) und einfache Körperverletzungen (2'122) dar.

 

Die Polizei Kanton Solothurn registrierte in den letzten Jahren durchschnittlich rund 770 Straftaten pro Jahr im Bereich der häuslichen Gewalt. Diese Zahl umfasst jedoch nur polizeiliche Interventionen, bei denen ein Straftatbestand erfüllt war und die zu einer Anzeige oder – bei Verzicht auf Strafantrag – zu einem Bericht führten. Fachpersonen rechnen allerdings damit, dass eine hohe Anzahl an Fällen von häuslicher Gewalt der Polizei nicht gemeldet werden.

Quellen: Schweizerische Kriminalprävention; Eidgenössisches Büro für die Gleichstellung von Frau und Mann.