Eine Entstauungstherapie bei Schwellungen.
Interview mit Sonja Goldenberger, Dipl. Physiotherapeutin am Bürgerspital Solothurn.
Bild: Solothurner Spitäler soH.
Bei verschiedenen Schwellungs-Problematiken wird manchmal eine «Lymphdrainage» oder «Entstauungstherapie» ärztlich verordnet. Doch was genau muss man sich darunter eigentlich vorstellen?
Was ist das Lymphgefässsystem?
Das Lymphsystem ist ein sehr wichtiger Teil des menschlichen Immunsystems. Es besteht aus Lymphgefässen und verschiedenen Organen, etwa der Milz oder den Lymphknoten. Es wird auch als «Kehrrichtabfuhr des Körpers» bezeichnet, da es Abfallstoffe wie Gewebewasser, Eiweisse, Stoffwechselprodukte oder Krankheitserreger aufnimmt und sie zur Entsorgung abtransportiert. Lymphknoten befinden sich im ganzen Körper, zum Beispiel in den Knie- und Ellbogenkehlen, in der Leiste, am Hals und in den Achselhöhlen. Diese wirken wie «Filterstationen», da sie die Gewebeflüssigkeit säubern. Wir Menschen haben ungefähr 400-800 Lymphknoten.
Was ist eine Lymphdrainage und wann wird sie angewendet?
Eine Lymphdrainage ist ein Teil der Entstauungstherapie, welche zur Ödembehandlung angewendet wird. Ein Ödem ist eine Schwellung des Gewebes, welche am häufigsten in den Beinen oder Armen auftritt. Ödeme entstehen, wenn das Lymphgefässsystem aufgrund von zu viel Gewebeflüssigkeit überlastet ist und diese anschliessend nicht mehr ausreichend abtransportiert werden kann. Die Flüssigkeit staut sich dann im Gewebe, was zu einer Schwellung führt.
Es wird unterschieden zwischen akuten und chronischen Schwellungsproblematiken.
Eine akute Schwellung kann zum Beispiel nach einer Verletzung oder einer Operation im betroffenen Bereich auftreten (wie zum Beispiel nach einer Fussverletzung im Sprunggelenkbereich). Solche Schwellungen sind in der Regel von kurzer Dauer und benötigen neben dem Hochlagern der betroffenen Körperregion und leichter Muskelaktivierung nur selten Entstauungstherapie mit Kompressionsbehandlung.
Chronische Schwellungen können entstehen, wenn bei einer Krebsoperation viele Lymphknoten entfernt oder betroffene Körperregionen bestrahlt werden. Bei sehr wenigen Personen fehlen Lymphknoten bereits bei der Geburt, was ebenfalls zu einem Ödem führt. Diese chronischen Ödeme werden in der Fachsprache Lymphödeme genannt.
Bild: Solothurner Spitäler soH.
Was wird bei einer Lymphdrainage genau gemacht?
Die Entstauungstherapie wird von spezialisierten Physiotherapeutinnen und -therapeuten durchgeführt.
Bei einer Lymphdrainage wird die Schwellung mit einer spezifischen Gewebetechnik behandelt. Dabei werden vor allem Zug- und Druckbewegungen auf der Haut ausgeführt, um das Lymphsystem zu unterstützen und die Flüssigkeit abzutransportieren.
Eine manuelle Lymphbehandlung wirkt nur eine halbe Stunde, weshalb im Anschluss an die Behandlung immer eine Bandage angelegt wird. Diese übt weiterhin Druck auf die betroffene Körperstelle aus und erhält somit den Effekt der Lymphdrainage.
Je nach Schweregrad der Schwellung gibt es eine physiotherapeutische Intensivphase, in der ein bis zwei Wochen lang mehrmals wöchentlich an der Schwellung gearbeitet wird und die behandelte Person eine Kompressionsbandage für jeweils 24-48 Stunden am Stück tragen.
Am Ende der Intensivphase werden Kompressionsstrümpfe angepasst, um den verringerten Umfang zu erhalten.
Was muss nach einer Lymphdrainage beachtet werden?
Durch die Entstauungstherapie wird das Lymphsystem angeregt, es kann daher sein, dass Patienten nach der Therapie vermehrt Urin lösen müssen.
Es ist zudem wichtig, dass die Betroffenen aktiv mitwirken, um ihre Lebensqualität zu verbessern. Das Bewegen während dem Tragen von Bandagen ist sehr wichtig, da dies den Effekt erhöht und somit eine raschere Schwellungsreduktion erfolgt. Die Betroffenen erhalten deshalb ein Heimprogramm für den Kraft- und Ausdauerbereich. Einfache Aktivitäten wie tägliches Spazieren gehen und Treppen steigen können Teil davon sein.
Kann eine Lymphdrainage selbst gemacht werden?
In der Physiotherapie lernen Betroffene, welche Griffe sie an zentralen Orten des Lymphsystems (z. B. in der Achselhöhle oder im Leistenbereich) selbst durchführen können. Zudem erlernen sie, wie sie ihre Kompressionsstrümpfe selbst anziehen können.
Für Betroffene, welche an Krebs erkrankt sind, gibt es weitere Informationen und folgende Unterstützungsangebote:
Ambulante onkologische Rehabilitation
Onkologische Rehabilitation Olten
soH | Physiotherapie | Bürgerspital Solothurn (solothurnerspitaeler.ch)
Quellen: