Die Folgen einer gut gemeinten Erziehungsmassnahme
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Im Jahr 1997 hat die Schweiz die UN-Kinderrechtskonventionen ratifiziert. Damit hat sie sich verpflichtet, Kinder umfassend zu schützen und zu fördern. Unter anderem gehört hier auch der Schutz vor jeglicher Form von Gewalt dazu. Dieser war jedoch lange Zeit nicht gesetzlich verankert. Erst vor wenigen Monaten, im Dezember 2022, wurde die Motion «Gewaltfreie Erziehung im ZGB verankern» vom Ständerat angenommen.
Vor 100 Jahren war Gewalt in der Kindererziehung noch gang und gäbe. Wenn die Kinder nicht folgten, wurden sie geschlagen und beschimpft, und somit zu Gehorsamkeit erzogen. Dies nicht nur von den Eltern, sondern auch in der Schule. Die Lehrpersonen wurden ganz klar als Autorität wahrgenommen und hatten die Berechtigung, Nicht-Folgen mit einem Stock zu bestrafen.
In dieser Hinsicht hat sich jedoch einiges verändert. So ist es heutzutage absolut inakzeptabel, wenn eine Lehrperson den Schülern gegenüber Gewalt anwendet. Auch innerhalb der Familie wird Gewalt weitaus seltener als Erziehungsmethode eingesetzt.
Eine Schweizer Studie zeigt, dass über 80% aller Eltern ihre Kinder nie physisch bestrafen. Die häufigsten physischen Bestrafungen sind ein Schlag auf den Hintern und Ziehen an den Haaren. Dreiviertel der Kinder, welche so bestraft werden, erleben diese jedoch nur selten.
Andere Formen von Erziehungsmassnahmen sind im Gegensatz dazu deutlich verbreiteter. Über 70% der Eltern schimpfen manchmal oder häufig mit ihren Kindern. Auch ein Verbot von elektronischen Geräten ist bei der Hälfte der Eltern eine wichtige Erziehungsmassnahme.
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Obwohl die häusliche Gewalt bereits stark zurückgegangen ist, ist die gesetzliche Verankerung der gewaltfreien Erziehung dennoch ein wichtiger Schritt. Denn, was seitens der Eltern und Lehrpersonen gut gemeint ist, kann für die betroffenen Kinder zu langfristigen, negativen Folgen führen.
So haben Kinder, welche Gewalt als Erziehungsmassnahme erleben, häufiger Schlafstörungen, Schwierigkeiten in der Schule, eine Verzögerung der Entwicklung sowie Gefühle der Angst und Aggressivität. Langfristig kann das Erleben von Gewalt durch die Eltern dazu führen, dass die Kinder kein hohes Selbstwertgefühl entwickeln können.
Zudem haben die Kinder ein erhöhtes Risiko, später in ihrem Leben eine toxische Beziehung mit einem gewalttätigen Partner zu führen. Dies, weil sie Gewalt in der Beziehung oftmals als Norm und Zeichen der Liebe wahrnehmen. Aus dem gleichen Grund ist es wahrscheinlich, dass sie als Erwachsene ebenfalls vermehrt Gewalt anwenden. Viele psychischen Erkrankungen kommen bei Kindern, welche durch Gewalt erzogen wurden, ebenfalls häufiger vor. Dazu zählen Ängste, Suchterkrankungen, Essstörungen und Depressionen bis hin zu Suizidgedanken.
Falls Sie oder jemand, den Sie kennen, von häuslicher Gewalt betroffen ist, können Sie folgende Angebote in Anspruch nehmen:
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Quellen:
Auswirkungen von Gewalt in der Erziehung | Kinderschutz Schweiz
Bestrafungsverhalten von Eltern in der Schweiz (kinderschutz.ch)
Gewaltfreie Erziehung wird in der Schweiz gesetzlich verankert | unicef.ch