Wenn Eltern erschöpft sind.
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Durch die tägliche Beratungsarbeit mit Hilfe suchenden Müttern und Vätern ist der Elternnotruf stets nahe an aktuellen gesellschaftlichen Themen, die das Elternsein betreffen. Ratsuchende berichten immer wieder von Erschöpfungssymptomen im Zusammenleben mit ihren Kindern und fragen sich, wie sie Freude und Leichtigkeit im Miteinander wiederfinden können. Schon 2018 hatte der Verein deshalb das Thema «Eltern-Burnout» in den Fokus gerückt.
Hohe Anforderungen
Eltern stehen heute unter einem immensen Druck. Arbeit, Familie und Freizeitaktivitäten wollen unter einen Hut gebracht werden. Das Bundesamt für Statistik zeigt einen klaren Anstieg der Gesamtarbeitszeit: Mütter von kleinen Kindern arbeiten insgesamt 68 Stunden pro Woche, Väter 70. Familienleben, Berufsarbeit und Freizeitaktivitäten werden von Eltern und Kindern immer wieder als ein ununterbrochener Dauereinsatz wahrgenommen – ohne Erholungspausen dazwischen. Die Ansprüche der Eltern an die eigene Erziehungsarbeit sind hoch. Für die Entwicklung der Kinder sollen alle Fördermöglichkeiten ausgeschöpft werden. Die Eltern sind dabei meist auf sich gestellt und sollen viele Bereiche autonom abdecken, wo früher noch häufig ein familiäres Netz unterstützend wirkte. Oft ist es eine Mischung aus äusseren Schwierigkeiten, inneren Einstellungen und typischem Verhalten, die Eltern dauerhaft überfordern kann: Das Kind tut nicht, was Eltern von ihm möchten, Druck bei der Arbeit, Schulschwierigkeiten der Kinder, die Sehnsucht, allem gerecht werden zu können oder sich abwerten für nicht Geschafftes.
«Mir wird alles zu viel!»
Dauert dieser Zustand über eine längere Zeit an, beginnen Mütter oder Väter am Familiendasein zu leiden. Sie sind erschöpft, werden gleichgültig und freuen sich nicht mehr, mit ihren Kindern zusammen zu sein. Die Geduld für ihre Kids und auch in der Partnerschaft kann rapide abnehmen. Etwa 13 Prozent der Eltern in Deutschland leiden in dieser Weise unter ihrem Elterndasein (für die Schweiz existieren keine Zahlen). Die Gefahr steigt, ein Burnout zu erleiden. Fatalerweise unterliegt das Leiden am Elternsein einem Tabu. Darüber zu reden, kann wohlmeinende Kommentare einbringen: «Organisiere dich noch ein wenig besser, dann bekommst du leicht alles unter einen Hut!». Für die Betroffenen steigt dadurch der Leistungsdruck erst recht. Schliesslich möchte niemand als Versager dastehen, während allen anderen der mehrfache Spagat zwischen Familienleben, Beruf und vielfältigen weiteren Aktivitäten mühelos zu gelingen scheint.
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Wege aus der Eltern-Burnout-Falle
In dieser Situation melden sich Mütter und Väter beim Elternnotruf, um Verständnis und Rat zu finden. Die Beraterinnen und Berater kennen diese Situationen und wählen aus einem breiten Fundus von Methoden die jeweils passende Unterstützungsmöglichkeit aus. Gemeinsam mit den Eltern werden Schritt für Schritt neue Handlungsmöglichkeiten entwickelt. Orientierung im Umgang mit den Kindern kann wiedergefunden werden. Neue Prioritäten werden gesetzt. Hilfreiche Strategien und Herangehensweisen im Umgang mit Erziehungssituationen werden erprobt. Durch konkrete Anregungen zur Kommunikation im Alltag mit den Kindern entstehen wieder mehr gute Momente im Zusammenleben.
In den Beratungen am Telefon oder im persönlichen Gespräch geht es den Mitarbeitenden des Elternnotrufs weniger darum, die Leistungsfähigkeit der Mütter und Väter zu optimieren. Sie wollen den Betroffenen helfen, neue Prioritäten zu setzen und neue, realistische Ziele in der Erziehung zu finden. Die Haltung und die Arbeitsweise des Beratungsteams sind unter anderem begründet in der systemischen Therapie und Beratung. So bekommen die Fähigkeiten der Eltern grössere Beachtung. Statt dass Väter und Mütter wie bisher eher beschämende Erfahrungen machen, gibt es mehr Momente, in denen sie stolz sein können auf das neu gelingende Zusammenleben mit ihren Kindern.
Hier finden Sie Hilfe: Elternnotruf
Quelle: Elternnotruf, www.elternnotruf.ch