Gibt es präventive Massnahmen und wo finden Betroffene Unterstützung?
Frau Leuenberger, ist Prävention möglich?
Generell kann man Folgendes sagen: Was gut ist für unser Herz, ist auch gut für unser Gehirn oder anders ausgedrückt: Körperliche und geistige Fitness vermindern das Risiko, an einer Demenz zu erkranken. Bei der vaskulären Demenz beispielsweise begünstigen Gefässschädigungen und -schwächen durch Übergewicht, durch Rauchen, durch zu viel Alkoholkonsum, durch wenig Bewegung und Sport das Risiko an dieser Form der Demenz zu erkranken. Mit einer gesunden Lebensweise kann man also dazu beitragen, dass das Gehirn länger gesund bleibt. Trotzdem kann sich niemand völlig vor einer Demenz schützen. Tatsache ist zum Beispiel, dass das Risiko ab 60 Jahre stetig steigt. Zudem gibt es nebst erblichen Faktoren, die bei einer Demenzerkrankung eine Rolle spielen können, auch weitere noch unbekannte Faktoren, die den Abbauprozess im Gehirn auslösen oder beschleunigen.
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Wie kann man das Gedächtnis trainieren?
Je länger die vorhandenen Fähigkeiten gebraucht werden, desto stabiler ist der Krankheitsverlauf. Es lohnt sich deshalb, das Hirn im richtigen Mass (fordern ohne zu überfordern) zu trainieren. Menschen mit Demenz haben Schwierigkeiten damit, Neues zu lernen. Das Ziel sollte deshalb sein die noch vorhandenen Fähigkeiten möglichst lange zu erhalten.
Wie ist es mit Sudoku und Kreuzworträtseln, um das Hirn zu trainieren?
Vielen Menschen mit Demenz macht es Spass, solche Rätsel zu lösen und sie sind eine gute Möglichkeit, um für Abwechslung im Alltag zu sorgen. Hier ist es wichtig, sich daran zu orientieren, was noch geht und was nicht mehr. Es ist nicht förderlich, wenn Menschen mit Demenz mit Übungen konfrontiert werden, die sie nicht mehr lösen können, weil sie zum Beispiel die Buchstaben und Zahlen nicht mehr erkennen können. Das ist für die Psyche sehr belastend und führt häufig zu viel Frust. Hier müssen die Angehörigen herausfinden, welche Übungen Sinn machen und welche Fähigkeiten man noch fördern kann ohne zu überfordern.
Sudoku beispielsweise braucht eine recht gute Hirnleistung, aber es gibt viele andere Spiele für Menschen mit Demenz, die an die entsprechenden Fähigkeiten angepasst werden können und welche sogar von Menschen mit einer fortgeschrittenen Demenz gespielt werden können. Wir werden am Stand der VIVA+ Gesundheitswoche Prävention an der HESO mit der Ludothek Solothurn zusammenarbeiten. Diese hat sich auf Spiele für Menschen mit Demenz spezialisiert und wird an der HESO ein paar Spiele zum Ausprobieren zur Verfügung stellen.
Was ist mit Medikamenten?
Es gibt zurzeit ausschliesslich Medikamente für Menschen mit einer Alzheimer-Demenz. Diese verlangsamen den Verlauf von Alzheimer, können die Krankheit aber nicht heilen. Viele Betroffene haben zudem zahlreiche Nebenwirkungen. Hinzu kommt, dass diese Medikamente am wirksamsten sind, wenn sie in einem frühen Stadium von Alzheimer genommen werden. Viele Leute bekommen aber erst im mittleren Stadium eine Diagnose. Man sollte deshalb immer gut abwägen, ob diese Medikamente einen Mehrwert bringen.
Es gibt viele nicht-medikamentöse Therapien, zum Beispiel Ergotherapie, Logopädie oder Physiotherapie, welche den Verlauf der Erkrankung ebenfalls positiv beeinflussen und die Symptome mildern können. Bei der Ergotherapie gehen die Therapeuten zu den Betroffenen nach Hause und klären ab, was es für Hilfsmittel gibt, die den Alltag vereinfachen. Physiotherapie hilft beispielsweise bezüglich der Sturzprävention oder mit Massage und Entspannungstechniken zur Steigerung des allgemeinen Wohlbefindens. Die Logopädie kommt besonders bei Demenzformen mit einem Sprachverlust zum Einsatz: Zum Beispiel bei der Behandlung und Verbesserung der Kommunikationsfähigkeit oder bei Schluckstörungen. Solche Therapieformen wirken ausgleichend auf die psychische Verfassung und tragen entscheidend zum Wohlbefinden und der Lebensqualität von Menschen mit Demenz bei, wodurch sich manchmal sogar die Einnahme von Medikamenten erübrigt.
Wie hilft die Angehörigengruppe Demenz Betroffenen?
Es geht darum, dass Angehörige ihre subjektiven Erfahrungen miteinander teilen können und man mit anderen Personen über die Krankheit sprechen kann, welche in ähnlichen Situationen sind. Die Erfahrung zu machen, dass man mit der Situation nicht alleine ist, hilft enorm. Die Gruppe wird von einer Fachperson geleitet, die bei Bedarf auch fachliche Inputs geben kann.
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Abschliessend wollte ich noch fragen, welche anderen Angebote es gibt?
In den Alzheimerferien verbringen Menschen mit Demenz gemeinsam mit einem Angehörigen, eine Ferienwoche an einem schönen Ort. Pro Paar steht eine Betreuungsperson zur Verfügung, die sich auf Wunsch um den demenzkranken Partner kümmert. Die Angehörigen haben so die Möglichkeit am Wochenprogramm teilzunehmen – mal ist es eine Kutschfahrt, mal eine Schifffahrt oder ein Tanznachmittag – oder etwas für sich zu unternehmen. Die Ferienwoche soll den gesunden Partnern die Möglichkeit bieten, sich zu erholen ohne sich vom demenzkranken Partner trennen zu müssen.
Bei der Beratung haben wird drei Angebote: Einerseits haben wir eine Beratungsstelle in Olten. Hier besteht die Möglichkeit einer telefonischen Beratung oder eines persönlichen Gespräches auf der Beratungsstelle. Andererseits bieten wir mit der zugehenden Beratung eine Beratung und Begleitung durch eine Pflegefachfrau bei den Betroffenen zu Hause. So kann die Situation im Alltag besser beurteilt werden und vor Ort geschaut werden, welche Massnahmen zum Beispiel betreffend Anpassung der Wohnung getroffen werden können, um den Alltag zu vereinfachen. Die zugehende Beratung zeichnet sich zudem dadurch aus, dass die Beraterin in regelmässigen Abständen Kontakt mit den betroffenen Personen aufnimmt und nachfragt, ob es Bedarf für eine weitere Beratung gibt. Die Betroffenen können so über den gesamten Verlauf der Krankheit begleitet werden.
Als drittes Angebot haben wir eine medizinische Hotline. Diese wird vom Team der Neurologie soH des Kantonsspitals Olten unter der Leitung von Dr.med. Susanna Frigerio betreut. Die Hotline gibt Auskunft zu allen Fragen rund um medizinische Belange im Zusammenhang mit einer Demenzerkrankung, beispielsweise zur medikamentösen Therapie oder zur Abklärung.
Ein weiteres Angebot ist das Alzheimer-Café. Dieses findet alle zwei Monate in Solothurn und ab August neu auch in Olten statt. Beim Alzheimer-Café treffen sich Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen im unverbindlichen Rahmen und verbringen einen gemütlichen Nachmittag bei Kaffee und Kuchen und manchmal auch mit Live-Musik. Ein Kurzreferat zu einem demenzspezifischen Thema rundet den Nachmittag ab.