Leben mit der Versuchung

Normal bis übergewichtig

 

In manchen Phasen ihres Lebens hatte Anita Grolimund einen Body-Mass-Index von 38 – was als schwere Adipositas gilt. Heute ist die 35-Jährige normalgewichtig. Das Essen aber bleibt ein Dauerthema.

 

Es war eine äusserst liebenswürdige Geste, als uns die Mitarbeiterin des Spital-Restaurants zwei Erdbeertörtchen offerierte. «Sehr gerne» sagte ich, als ich mit meiner Interviewpartnerin absitzen wollte. «Nein danke» sagte meine Interviewpartnerin Anita Grolimund – aber nur halblaut. Ein Geschenk lehnt man schliesslich nicht ab. Und danach standen sie auf dem Tisch und wir begannen unser Gespräch.

Anita Grolimund macht nicht den Eindruck einer Frau, die mit ihrem Selbstbewusstsein hadert. Eine offene, freundliche Person, die bereit ist, über ihren Kampf mit dem Gewicht zu erzählen. Mutig also dazu.

 

In manchen Phasen ihres Lebens hatte Anita Grolimund einen Body-Mass-Index von 38 – was als schwere Adipositas gilt. Heute ist die 35-Jährige normalgewichtig. Das Essen aber bleibt ein Dauerthema. Der Kampf mit dem eigenen Gewicht fing bei Anita Grolimund etwa in der fünften Klasse an. Ganz genau mag sie sich nicht mehr erinnern. Sie sei eher eine schwache Schülerin gewesen, sagt sie, die Geschwister hätten gute Noten nach Hause gebracht, sie nicht. Leistungsdruck. Nicht nur von aussen, sondern vor allem der eigene. Sie hat Ziele.

«Vor sieben Jahren wog ich 108 Kilogramm und hatte schon einige Diäten hinter mir. Es ging nicht mehr so weiter. Zusammen mit meiner Schwester, die auch mit dem Gewicht kämpfte, besuchte ich eine Informationsveranstaltung von WeightWatchers. Wir waren begeistert von der Leiterin des Programms, menschlich wie fachlich. Das Programm funktioniert ganz einfach mit Punkten und vor allem auch mit regelmässiger Beratung. Nach drei Jahren hatte ich 30 Kilogramm Gewicht verloren. Ein Riesenerfolg! Ich fühlte mich gut. Dann wurde meine Schwester schwanger und hörte mit dem Programm auf, ich auch. Innert einem Jahr war ich wieder über 100 Kilo.»

Anita Grolimund

 

Anita Grolimund wurde unzufrieden. Ihre Mutter schickte sie ins Stoffwechselzentrum des Kantonsspitals Olten, sie wollte wissen, ob eine Schilddrüsenfunktionsstörung vorliege. Die Resultate waren negativ, alles war in Ordnung. Im Spital wurde die Frage nach einem chirurgischen Eingriff diskutiert. Einiges sprach dafür, mehr dagegen. Der Chirurg riet ihr von der Operation ab. Gleichzeitig hatte Anita Grolimund depressive Schübe, war in Behandlung, erhielt Antidepressiva, die sie nun wieder absetzt. Studien gehen davon aus, dass rund 70 Prozent der adipösen Patienten unter Depressionen leiden. Man weiss auch, dass Psychopharmaka als Nebenwirkung das Gewicht negativ beeinflussen können.

«Im Stoffwechselzentrum kam ich zu Dr. Rudofsky in die Behandlung. Ohne ihn hätte ich es nie geschafft, wieder abzunehmen. Er berät mich, er gibt mir einen Tritt in den Hintern, wenn ich es nötig habe, er motiviert mich und nimmt Anteil. Diese Begleitung ist enorm wichtig für mich.»

Anita Grolimund

 

Vor rund drei Jahren erarbeiteten Fachpersonen des Stoffwechselzentrums mit Anita Grolimund eine Ernährungsumstellung, die sie mit Erfolg umsetzt. Sie wiegt heute 80 Kilo, was ein gutes Gewicht ist. Anita Grolimund ist aber eine Perfektionistin. Geht sie an Wettkämpfe der Highland-Games, will sie gewinnen. Bei der Arbeit in der Buchhaltungsabteilung einer Immobilienverwaltung achtet sie sehr darauf, keine Fehler zu machen. Und wenn sie Gewicht verliert, will sie es halten können. Trotz des grossen Erfolgs, wieder dreissig Kilogramm leichter zu sein, hat sie zurzeit wieder grosse Zweifel, da sie in den vergangenen Wochen drei Kilogramm zugenommen hat.

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